Gorki Theater (Berlin)

Bulger - Eine unzulässige Geschichte

Von Klaas Tindemans, aus dem Flämischen von Uwe Dethier

Am Anfang steht eine Entführung. Das Opfer: ein kleines Kind. Die Täter: selbst fast noch Kinder; drei Jugendliche, aus unterschiedlichen familiären Verhältnissen, vereint in einem imaginären Feldzug gegen die Welt der Erwachsenen. Ihr Weg führt sie vom Kinderzimmer über die Garage, den Wald, ein Geschäft für Modellbau und eine Leichenhalle bis zu den Bahngleisen, auf denen sie den leblosen Körper des Kindes schliesslich liegen lassen. Bald erzählen sie sich dabei wilde Geschichten, bald demaskieren sie sich gegenseitig, ganz selten gönnt einer dem anderen einen Blick in seine Seele. 

Klaas Tindemans? Theaterstück BULGER basiert auf einem authentischen Verbrechen. Sechzehn Jahre ist es her, dass zwei zehnjährige Jungen in Liverpool den zweieinhalbjährigen James Bulger aus einem Einkaufszentrum entführt und umgebracht haben. Sie wurden wie Erwachsene vor Gericht gestellt und verurteilt. Tindemans rekonstruiert jedoch weder den Ablauf des Mordes, noch der Rechtsprechung, sondern verführt den Zuschauer, die Welt durch die Augen der drei Jugendlichen zu betrachten: als ein trügerisches Kinderland. 

Das ist so überlogisch und sprunghaft wie gnadenlos und sehnsuchtsgeladen. «Bulger», die Inszenierung, liefert dabei genauso wenig soziologische, psychologische oder gesellschaftliche Begründungen wie «Bulger», das Stück. Das Stück erforscht die Phantasie als Herd des Unzulässigen, die Inszenierung weiss darüber hinaus, das Spiel-Phantasie seit jeher das ist, wovon das Theater lebt. So erzählt dieser Abend von Kindern in einer trostlosen Gegenwart, der Macht der Phantasie und dem Theater. (nachtkritik.de)

Klaas Tindemans, Belgier und promovierter Rechtsphilosoph, unterrichtet an Universitäten und Schauspielschulen, u. a. am RITS in Brüssel, in den Fächern Rechtsphilosophie, Dramaturgie und Textanalyse und an der Universität in Antwerpen in dem postgraduierten Studiengang in Theaterwissenschaft. Er ist Dramaturg für das Antwerpener Schauspielkollektiv «De Roovers» und für das Jugendtheater «Bronks» in Brüssel, für das er 2006 BULGER, sein erstes Theaterstück, schrieb und inszenierte. BULGER gewann den Förderpreis für neue Dramatik des tt Stückemarktes/Theatertreffen Berlin 2008.

Nora Schlocker, (*1983) Absolventin des Regiestudienganges der Hochschule für Schauspielkunst «Ernst Busch» Berlin, inszenierte bereits während ihres Studiums im 3. Stock der Volksbühne und am Maxim Gorki Theater, ihr Diplomstück wurde am Staatstheater Karlsruhe aufgeführt. Seit 2008 ist sie Hausregisseurin am Nationaltheater Weimar. 

Mit: Hanna Eichel, Julischka Eichel, Johann Jürgens | Inszenierung: Nora Schlocker | Bühne: Steffi Wurster | Kostüme: Marie Roth | Musik: Hannes Hüfken | Dramaturgie: Nina Rühmeier | Video: Florian Röser, Michal Grabowski

ZENTRUM PAUL KLEE Forum
SA 2.5. | 20:00 anschl. Publikumsgespräch
SO 3.5. | 20:00  

Spieldauer: 1h 40 min