Schauspiel Frankfurt (Frankfurt a.M.)

ABGESOFFEN

von Carlos Eugenio López
übersetzt von Susanna Mende

« – Es ist nicht der Erste.
– Es ist die Neunundzwanzig.
– Man sagt der Neunundzwanzigste.
– Oder neunundzwanzig, oder nicht?
– Das ist primitiv.
– Dann also der Neunundzwanzigste.» 

Durch die nächtliche spanische Mancha fahren zwei Männer, immer Richtung Meer. Es ist ihre 29. Fahrt von Norden nach Süden, ihre Gespräche kreisen um Gott und die Welt: Ist das Universum unendlich oder einfach unmessbar gross? Und wenn es nicht unendlich ist, was kommt dort, wo es zu Ende ist? Was bringt Masturbation? Hat mir meine Verflossene vergeben? Wusste Cäsar, dass er in Gallien war? Müssen Gedichte notwendigerweise über Liebe sein und was ist ein guter Fernsehspot? Hin und wieder geraten sie ein wenig aus der Spur, durch Überlegungen wie: Welche Augenfarbe hatte eigentlich der «Moro», der jetzt im Kofferraum des Wagens liegt? Ist das bei Afrikanern immer braun? Kutschieren sie seine Leiche nur des Geldes wegen durch die Mancha oder arbeiten sie für das Gemeinwohl?

«Wenn man in ein anderes Land will, muss man erst einmal um Erlaubnis bitten. Und wenn man es nicht tut, muss man eben die Konsequenzen tragen.»

Der nächtliche Dialog kratzt die Kurve zwischen Naivität und Logik, biegt aus feinsten philosophischen Grübeleien haarscharf ab in die populistische Gerade und macht aus dem europäischen Migrationsdiskurs die schwärzeste Blaupause. Nur einen Meter von den Akteuren der Dienstfahrt mit Leiche entfernt, kleben wir fast auf der Windschutzscheibe.

«Man kann darüber lachen und mit den Zähnen klappern.» (Frankfurter Rundschau)

Carlos Eugenio López, 1954 in León geboren, hat in Spanien, obwohl er bereits in den 70er Jahren seine Heimat verliess, ein grosses Lesepublikum. Nach Aufenthalten in Frankreich, den USA, Griechenland, lebt er heute in London. «Abgesoffen» ist ein vollständig als Dialog geschriebener Roman, einer der «schwärzesten, sarkastischsten und scharfsinnigsten Texte der spanischen Gegenwartsliteratur» (FAZ).

Antú Romero Nunes, 1983 als Sohn eines portugiesischen Vaters und einer chilenischen Mutter in Tübingen geboren, machte dort erste praktische Theatererfahrungen, assistierte in Chile für Film und Theater und durchlief und durchlitt 2005–2009 ein Regiestudium an der Hochschule Ernst Busch in Berlin, für Nunes keine glückliche Zeit. Seine Diplominszenierung «Der Geisterseher» nach Friedrich Schiller erhielt von der Presse bereits das Prädikat ziemlich genial, weil witzig und weise. 2010 landete er auf der Best-of-Liste der Theater-heute-Kritikerumfrage als Nachwuchsregisseur des Jahres. Er inszeniert u. a. am Schauspielhaus Düsseldorf, Thalia Theater Hamburg, Schauspiel Frankfurt und ist Hausregisseur am Maxim Gorki Theater Berlin

Mit: Nils Kahnwald, Oliver Kraushaar | Inszenierung, Stückfassung: Antú Romero Nunes | Dramaturgie: Sibylle Baschung | Bühne, Musik, Video: Johannes Hofmann

SCHLACHTHAUS THEATER
SO 1.5. | 20:00 anschliessend Publikumsgespräch
MO 2.5. | 20:00

Spieldauer: 1h 20min
Eintritt: 35.–/25.–

www. schauspielfrankfurt.de