Konsortium&Konsorten
Die Revolution Gottes
An einem normalen Donnerstag im Herbst 2008 standen wir Konsorten in der Herbstsonne am Aareufer in Bern. Das Zeitalter der Langeweile rauschte mal wieder so vor sich hin. Das globale Internet ratterte, die 2 Millionen Fernsehsender knarzten, die 8 Billionen Handys surrten und simsten, der Blätterwald raschelte im Krisengebläse, wir Konsorten im Habitus unserer Reflexe: Ein Grillfeuer, eine Angst, ein Seufzer, eine weitere Information, ach ja, oh Gott. Ein Ruf nach Revolution. Das Theater als letzte Bastion des Politischen. Ach ja. Sinnlos Konstrukteure für Sinnlose. Begriffslose. Ein Grillfeuer, eine Angst, ein Seufzer, eine weitere SMS, ach ja, oh Gott.
Doch dann vernahmen wir ein Murmeln. Ein Murmeln, das immer lauter und immer verständlicher wurde. Eine Gruppe Murmeltiere, gerade auf dem Weg zu einem internationalen Tierkongress im Dählhölzli. Sie murmelten von der Revolution Gottes und waren extrem gut gelaunt. Denn es singe ein Gespenst herum in Europa: Am 30. April ist Weltuntergang. Apokalypse. Die Revolution Gottes. Basta! Aus! Finito! Tschüss Menschheit!
Endlich eine Hoffnung auf Veränderung. Eine Chance, das Projekt Menschheit hinter sich zu lassen. Mit all seinen Irrungen und Wirrungen. Tabula rasa. Euphorie kam auf. Endlich den Mantel der Geschichte zerreissen. Basta mit morgens aufstehen, Kaffee, Marmelade und Profitdenken? Oder solch alberne Marotten wie das sinnlose Anhäufen von abstraktem Reichtum, das strohdumme Fressen und Gefressenwerden? Halleluja.
Seit jenem denkwürdigen Tag im Herbst waren wir auf vielen internationalen Tierkongressen. Haben viele Murmeltiere und anderes Getier getroffen. Wir haben uns entschlossen, den Tieren und nicht den Menschen zu helfen, wir bauen eine Art Arche. Obwohl wir Gott doof finden und diese Revolution Gottes unser Untergang ist, so wollen wir trotzdem Teil haben an einem neuen Anfang. Ab dem 24. April bauen wir die Arche, zusammen mit Tieren an einem zentralen Platz in Bern. Gleichzeitig findet um die Arche herum auch der «letzte» internationale Tierkongress statt. Und am 30. April um 20:15 Weltuntergang. «jolifanto bambla ô falli bambla» Es war schön mit Euch. Danke. Eure Konsorten.
Aus Briefen, die uns bereits erreichten:
Michael (10 Jahre aus Bümpliz): Weil ich kein Tier sein kann, möchte ich lieber sterben, als ein Mensch zu sein. Ich wünsche allen Tieren viel Glück auf der Arche.
Bernhard (8 Jahre aus Bremgarten): Lieber Gott, ich bin froh, dass du am 30. April die grossen Wellen und Blitze machst. Bitte nimm meinen Hund mit auf die Arche!
Unter dem Label VORORT holt AUAWIRLEBEN mit der Unterstützung von Migros-Kulturprozent jedes Jahr eine Gruppe nach Bern, um speziell für diesen Ort ein Projekt, inklusive der theatralen Arbeitsweise, zu realisieren. Es entstehen so exklusive, mit Bern verknüpfte Aufführungen.
Von und mit den Konsorten: Wolfgang Klüppel, Leis Bagdach, Axel Hesse, Tobias Ergenzinger, Moritz Jüdes, Michael Meier, Katrin Murbach, Fabian Jaggi, Pascal Nater, Tom Ott, Marcus Signer, Fiona Hirzel, Thomas Pösse, Evelyne Gugolz, Mathias Bremgartner
Eintritt: frei