Stadttheater Bern

Ich ersehne die Alpen; so entstehen die Seen

Von Händl Klaus

Unten im Tal ersehnt eine Frau die Alpen mit ihrer geräumigen Kälte, während sie in der Hitze einer Dachkammer wie in einem Sarg liegt und verbrennt. Ich will hochkant weit hinaus aus meiner heißen Wohnung in die schroffe Klamm!… Ich werde in der Höhe sicher leichter sein! Oben auf dem Gletscher stolpert ein einsamer Wanderer über vier Leichen, die im ewigen Eis gestorben sind. So ein trauriger Verein! Was wird aus mir, wo bleibe ich? Mich fragt natürlich keiner! Was seid ihr für ein müder Haufen, und warum. Ihr habt ja nichts zu tun. Ihr liegt ja bloß herum! Im fiebrigen Delirium werden für beide die Gerölllandschaften zur erträumten Rettung aus der Einsamkeit und vor der endgültigen Auslöschung. Zwei Monologe, die aufeinander verweisen, sich ineinander spiegeln, ironisch gebrochen und voller Doppelbödigkeiten. ICH ERSEHNE DIE ALPEN; SO ENTSTEHEN DIE SEEN war das erste Theaterstück von Händl Klaus, das der Autor 2001 im Rahmen des Festivals steirischer herbst in Graz mit Olivia Grigolli und Bruno Cathomas selber uraufführte. Der Text ist ein filigranes Sprachkunstwerk, in dem die Berge als identitätsstiftende Metapher, Wirklichkeitsort des Todes und Projektionsfläche eines unstillbaren Verlangens erhaben in die Höhe ragen und den Betrachter zugleich in ihren Schwindel erregenden Abgrund reissen. 

Händl Klaus (*1969 in Rum/Tirol) lebt in Wien, Berlin und Port am Bielersee. Nach der Schauspielausbildung in Wien folgte ein Engagement am dortigen Schauspielhaus. Ausserdem spielte er in mehreren Filmen mit. Sein Hörspiel «Kleine Vogelkunde» (ORF) wurde als Hörspiel des Jahres 1996 ausgezeichnet. Für den Erzählband «Legenden» erhielt Händl Klaus den Rauriser Literaturpreis und den Robert-Walser-Preis. Beim Filmfestival in Locarno 2008 erhielt er für seinen Film «März» den Leoparden für den besten Erstlingsfilm. Ausserdem bekam er das Stipendium des Literarischen Colloquiums Berlin sowie 2004 das Dramatikerstipendium des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft im DBI in Kooperation mit den Münchner Kammerspielen. Ebenfalls 2004 wurde «(Wilde) Mann mit traurigen Augen» mit dem Buchpreis der deutschsprachigen Literaturkommission des Kantons Bern ausgezeichnet, der 2006 auch an «Dunkel lockende Welt» verliehen wurde. 2004 wurde er in der Jahresumfrage von Theater heute zum besten Nachwuchsautor und 2006 zum Dramatiker des Jahres gewählt. 2007 erhielt Händl Klaus den Grossen Literaturpreis des Landes Tirol, die Fördergabe des Schiller-Gedächtnispreises des Landes Baden-Württemberg sowie den Welti-Dramatikerpreis der Stadt Bern. 

Mit: Henriette Cejpek, Heiner Take | Inszenierung: Patric Bachmann | Dramaturgie: Matthias Heid | Bühne: Romy Springsgut | Kostüme: Susanne Schwarzer

VIDMAR:2
SA 25.4. | 19:30 | Premiere
SO 26.4. | 18:00 anschliessend Publikumsgespräch

Spieldauer: ca. 1h