2010

12.–22. Mai 2010

Fake yourself!

Noch nie war es so leicht, sich als etwas Anderes auszugeben. Über die Schwelle zu einer neuen Identität hüpft heute jedes Kind. Ein paar Klicks führen zu einem Internet-Alias: Name, Alter, Geschlecht und Aussehen ganz nach Wunsch, ganz nach Bedürfnissen kombiniert. Ein massgeschneidertes Datenkostüm öffnet dem Benutzer Türen und Herzen. Mit heutiger Technik aus dem Elektrodiscounter kann sich jeder sein mediales Erscheinungsbild auf Hochglanz polieren. Schnell sind ein paar Lieder zusammengeschustert und eine Myspace-Seite erstellt: die Band steht, wenn nicht auf der Bühne, dann doch wenigstens im Markt. Im Nu ist eine Website gebastelt: das Image des eigenen Business ist erzeugt. Ein paar geschickte Aufnahmen richtig zusammengeschnitten und dann auf Youtube geladen: die Welt staunt. Pro Selbstverwirklichung erhalten wir ein neues Profil. Pro Kaufakt auch, die Welt der Waren kennt uns besser als wir selbst. Der Reichtum des Individuums erscheint als eine ungeheure Identitätensammlung. Auch was sich «reales Leben» nennt, es wird geflunkert und getäuscht, was das Zeugs hält. Kein Bereich, der uns nichts vormacht: Politik, Wirtschaft, Banken, Medien. Die Kunst der Täuschung blüht. Wahr ist, was Abnehmer findet und Gewinn bringt. Wer sich erfolgreich inszeniert, hat die Nase vorn. Fliegt er auf, Pech gehabt. Hauptsache, die Boni sind im Trockenen.

Doch wenn die Wirklichkeit heute schon inszeniert auftritt, was kann Theater dann noch anrichten? Den grossen kleinen Unterschied: Theater macht den Fake zum erhellenden Vorgang! Wir sind nicht die Angeschmierten, sondern im besten Fall werden wir Komplizen bei der Kunst der Täuschung. Wir lassen uns von den Spezialisten des «als ob» mit Genuss verführen, an einer spektakulären Fiktion teilzuhaben, die unsere Gewissheiten erschüttert. 

AUAWIRLEBEN 2010 zeigt Produktionen aus Estland, Deutschland, Belgien und der Schweiz, die fragen, wo die Realität aufhört und das Spiel beginnt. Sie inszenieren den Bluff und die Erkenntnis: Falsche Freunde können tödlich sein. Sie spielen Authentizität und faken Faktisches, bis seine vermeintliche Unabänderlichkeit verpufft. 

Spielen Sie mit und tauchen Sie mit uns in elf ganz reale Fiktionen, elf völlig fiktive Realitäten.
Ihr AUA-Team

Auawirleben 2010